Retter von Oris: Rolf Portmann im Porträt

Erst die Abschaffung des Schweizer Uhrenstatuts, dann die Rettung vor der Schließung in letzter Sekunde: Gleich zweimal verhinderte Rolf Portmann den Untergang der Traditionsmarke Oris und baute sie zu einem der erfolgreichsten Hersteller innovativer Zeitanzeiger auf. Doch wer ist der Mann, der dem Unternehmen 1956 als junger Anwalt beitrat und der unabhängigen Manufaktur bis heute als Ehrenvorsitzender erhalten geblieben ist? Reisen wir zurück ins 20. Jahrhundert und lernen wir eine der bedeutendsten Persönlichkeiten der Schweizer Uhrenindustrie kennen.

Expansion und Pioniergeist: Die Anfänge in Hölstein

Ihre Erfolgsgeschichte begann die berühmte Marke über 50 Jahre vor der Ära Portmann: 1904 von Paul Cattin und Georges Christian im heute 2.500 Einwohner großen Städtchen Hölstein gegründet, beschäftigte der Hersteller bereits im Jahr 1911 über 300 Angestellte, die sich an sechs Standorten der Produktion von Taschenuhren widmeten.

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Ab 1925 auf Armbanduhren spezialisiert, präsentierte Oris im Jahr 1938 seine ersten selbst produzierten Hemmungen sowie die erste Generation der berühmten Fliegeruhr Big Crown. Mitte der 1940er-Jahre war der Einfluss des für seine hohe Ganggenauigkeit ausgezeichneten Herstellers sogar so groß, dass er eine eigene Flotte an Bussen zum Transport seiner Mitarbeiter betrieb – der Aufstieg schien unaufhaltbar.

Portmann und der Befreiungsschlag – die Wende in den Sechzigern

Trotz aller Triumphe, zu denen mit dem Kaliber 601 auch das erste Automatikwerk im Jahr 1952 zählte, litt der Hersteller nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs zunehmend unter einem obsoleten Gesetz: Dem Schweizer Uhrenstatut. 1934 zum Schutz der heimischen Uhrenindustrie erlassen, untersagte es die Einführung neuer Technologien ohne amtliche Bewilligung. Für Oris war dies besonders verheerend, da die Marke nicht auf die moderne, gegenüber alten Hemmungen deutlich effizientere Ankerhemmung umsteigen durfte. Die Zukunft der Marke schien bedroht: Wie sollte man der Konkurrenz, die zu ihrem Glück schon vor 1934 auf die neue Mechanik umstieg, mit alten Technologien die Stirn bieten?

Rolf Portmann, der dem Unternehmen 1956 als Rechtsanwalt beitrat und zur Bekämpfung des Schweizer Uhrenstatuts engagiert wurde, stand vor einer zermürbenden Aufgabe.

Nachdem er seine ersten zehn Jahre in Hölstein ausschließlich diesem Problem widmete, kam 1966 schließlich der lang ersehnte Erfolg: Mit der Beseitigung des Uhrenstatuts wurde die Marke buchstäblich entfesselt und präsentierte nur ein Jahr später ihr erstes Automatikwerk mit Chronometerzertifizierung – der neu eingeführten Ankerhemmung sei Dank. Portmann und seine Arbeit ebneten den Weg für die goldenen Jahre von Oris: 1969 umfasste der Hersteller über 800 Mitarbeiter und fertigte über 1,2 Millionen Uhrwerke.

Die Bedrohung aus Fernost: Das Ende von Oris?

Doch mit Beginn der 1970er-Jahre sollte sich die Harmonie in Hölstein rapide verflüchtigen: Das inzwischen in die ASUAG (dem Vorläufer der heutigen Swatch Group) integrierte Unternehmen hatte, wie alle Schweizer Hersteller, mit einer Flut billiger Zeitanzeiger aus Asien zu kämpfen, die die Uhrenindustrie des Landes zu zerstören drohten. Noch schlimmer kam es, als ASUAG die Zerschlagung der Traditionsmarke plante – es musste gehandelt werden, und zwar schnell.

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Rolf Portmann, inzwischen Geschäftsführer, und der damalige Marketingleiter Ulrich Herzog verhinderten die Schließung von Oris im Jahr 1982 durch ein Management-Buyout, was einer Neugründung des Herstellers gleichkam. Nun brauchte es Ideen für die Zukunft: Wie sollte sich die Marke fortan positionieren?

Visionär aus Leidenschaft: Rolf Portmann an der Spitze

Nach der riskanten Übernahme des Unternehmens traf Portmann eine weitere, zum damaligen Zeitpunkt sehr mutige Entscheidung: Alle Uhren aus Hölstein sollten ausnahmslos über mechanische Kaliber verfügen. Aber statt auf unerschwingliche Luxusmodelle zu setzen, hatten er und Ulrich Herzog eine andere Vision: Oris sollte zum weltweit führenden Hersteller von Automatikuhren im moderaten Preisbereich werden.

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Den Startschuss zu diesem Projekt markierte die 1984 eingeführte Pointer Calendar, die eine geniale Komplikation der 1930er-Jahre wiederaufleben ließ – den separaten Zeiger für die Datumsanzeige. Die folgenden 30 Jahre sollten das heutige Produktportfolio des Herstellers formen: Vom Markenzeichen des roten Rotors bis zur klassischen Artelier Kollektion, von den Fliegeruhren der Aviation Reihe bis zu den weltberühmten Aquis Taucheruhren besitzt das Unternehmen jene starke Positionierung, die es im gestiegenen Wettbewerb des 21. Jahrhunderts braucht. So unterschiedlich die einzelnen Uhren auch sind: Wer die Geschichte der Marke kennt, wird den innovativen Geist von Rolf Portmann in jedem Zeitanzeiger wiedererkennen.

Ein Blick nach vorn: Portmann und die Zukunft der Uhrenbranche

Heute, nach mehr als 60 Jahren im Schweizer Traditionsunternehmen, ist Portmann Ehrenvorsitzender von Oris und blickt auf eine bewegende Karriere zurück. Aber nicht nur die Vergangenheit, sondern auch die Zukunft der Uhrenbranche beschäftigt ihn: So ist er beispielsweise davon überzeugt, dass mechanische Uhren gerade im Zeitalter der Digitalisierung einen besonderen Stellenwert haben. Da sie eine Verbindung zur Vergangenheit herstellen, werden sie auch in den nächsten Jahrzehnten geschätzt werden und können keineswegs durch moderne Geräte ersetzt werden.

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Damit bringt Rolf Portmann die ganze Faszination der Horologie auf den Punkt. Denn gerade der unvergängliche Charakter einer Automatikuhr ist es, der sie im Vergleich zu anderen Objekten so viel begehrenswerter macht. Um Oris müssen wir uns jedenfalls keine Sorgen machen: Ihre bewegende Historie, die Vielfalt fortschrittlicher Meisterstücke und der stetige Wille zur Weiterentwicklung werden der Manufaktur auch zukünftig einen festen Platz in der Uhrenwelt sichern.

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